Ende einer Ära: Martin Baumgartner hört als Stadtmusikdirektor auf

25 Jahre lang hat Stadtmusikdirektor Martin Baumgartner das öffentliche Leben in Endingen mitbestimmt und bereichert, nun tritt er von der musikalischen Bühne der Stadt ab.

Kein Kirchenfest und keine Fasnet ohne ihn, kaum eine größere Veranstaltung, bei der er mit seinen Musikern nicht dabei war. Zum 1. Januar 2019 wird Baumgartner sein Dirigentenamt bei der Stadtmusik, der Jugendkapelle und im Vororchester abgeben. Seit 1. Dezember läuft die Ausschreibung für seine Nachfolge. Seine Unterrichtstätigkeit wird Martin Baumgartner jedoch beibehalten.

Die Messlatte liegt hoch, denn wer in die Fußstapfen des Stadtmusikdirektors treten möchte, muss vieles mitbringen, um die erfolgreiche Arbeit fortzusetzen. 27,5 Jahre, seit dem 1. Mai 1991, hat Martin Baumgartner die Orchester der Stadt in seiner ganz eigenen Art geführt, die Musiker über die Jahre hinweg zu Musikern gemacht, deren Können schon Tausende von Zuhörern beeindruckt und begeistert hat. Konsequent und mit klaren Ansagen hat er die Musiker zu einer Einheit zusammengefügt, sie zu homogenen Klangkörpern geformt, die hohes Ansehen genießen.

Große Worte sind nicht Martin Baumgartners Sache. Ein Wort und die Musikerinnen und Musiker wissen, was sie zu tun haben. Ein Beispiel: Als einige Musiker der Jugendkapelle nach dem Konzert mit Professoren der Freiburger Musikhochschule nach dem Applaus die Bühne über den Bühnenrand verlassen wollten, genügte ein kurzes, trockenes "Hinde nüs" des Stadtmusikdirektors und alle verließen die Bühne durch den Vorhang. Ohne eine gewisse Disziplin wären weder die Entwicklung der Orchester noch die vielen musikalischen Erfolge und das hohe Niveau der Musikerinnen und Musiker möglich gewesen, da ist sich der Stadtmusikdirektor sicher. Ohne sein musikalisches Können, seine fachliche Kompetenz und ohne seine große Liebe zur Musik aber auch nicht. Da sind sich wiederum die 80 Musikerinnen und Musiker der Stadtkapelle samt den jugendlichen Nachwuchsmusikern einig.

"Der ist ganz schön kantig", sagte jüngst ein Musiker der Jugendkapelle über den gestrengen Dirigenten – mit großem Respekt. Und genau dies ist wohl auch der Schlüssel für die erfolgreiche Arbeit von Martin Baumgartner: Auf der einen Seite der strenge Dirigent, der seinen Musikern so manches Mal alles abverlangte, auf der anderen Seite der stets gut gelaunte Kumpel, mit dem abseits von offiziellen Terminen so mancher feucht-fröhliche Abend gefeiert wurde.

So gut wie immer, wenn die Stadtkapelle einen Auftritt hatte, war auch Martin Baumgartner zur Stelle: "Ich kann von meinen Leuten nicht verlangen, parat zu stehen, und dann selber nicht kommen." Als sein Bruder heiratete und die Familie feierte, war er mit Endingens Stadtmusikern in der Partnerstadt Erstein. Einmal bei einem Trauerumzug der Narren am "Fasnetzischdig" lag er krank im Bett, das war’s dann aber auch schon.

Unzählige wöchentliche Proben, Hunderte von Auftritten, nächtelange Internet-Recherchen nach Stücken fürs Jahreskonzert – einfach hat sich Martin Baumgartner seine Aufgabe nie gemacht. Dass er bei all seinen Aufgaben stets den Rückhalt im Vorstand, bei Bürgermeister Hans-Joachim Schwarz und bei seinem Vorgänger Helmut Eitenbenz hatte, habe seine Arbeit stets bereichert.

Doch nicht nur in Endingen hat Martin Baumgartner erfolgreich gearbeitet: Er ist Jugendleiter im Blasmusikverband Kaiserstuhl-Tuniberg, arbeitet jeden Sommer als Projektleiter des Musik-Camps im Europa-Park mit rund 250 Teilnehmern und ist auch an der Musikakademie in Staufen tätig.

 

"Wir haben unseren Urlaub nach Kirchenfesten und Probenterminen gelegt"
- Martin Baumgartner

 

Die Konzertreise nach Japan, das Festbankett mit Matthias Deutschmann zum 250. Geburtstag der Stadtmusik, die Open-Air-Konzerte, das Konzert mit der Jugendkapelle an der Musikhochschule, an der er seine Ausbildung absolviert hat, die durchgehende musikalische Ausbildung vom Kleinkindalter an bis zur Stadtkapelle und die vielen tollen Sachen, die einfach "beim Zusammenhocken" entstanden seien, die Bläserklasse an der Grundschule, die Zusammenlegung der Jugendorchester aus den Ortsteilen mit der Kernstadt – mit der Bilanz, die er nach seiner 25-jährigen Tätigkeit zieht, ist Martin Baumgartner zufrieden.

Diese Höhepunkte, überhaupt das gesamte Arbeiten im vergangenen Vierteljahrhundert, all das sei nur mit der Unterstützung seiner Frau und der Familie möglich gewesen. "Wir haben unseren Urlaub nach den Kirchenfesten und Probenterminen gerichtet", sagt Martin Baumgartner. Den Rückflug aus dem Urlaub habe er so eingerichtet, dass er am Abend noch eine Probe vor einem wichtigen Auftritt habe abhalten können. Dass seine Frau und seine Töchter ebenfalls Instrumente spielen und musikalisch aktiv sind, hat die Musik und alles, was damit zu tun hat, im Hause Baumgartner zu einem zentralen Thema werden lassen. Das war im Übrigen schon immer so: Der Vater war in Oberbergen Musiker, hat viel Tanzmusik gemacht, alle drei Kinder haben Instrumente erlernt. Martin Baumgartners erster Tenorhorn-Lehrer war sein Vater. Und so war die Musik durch die Kindheit und besonders in der Jugendzeit steter Begleiter. "Wenn nichts los war, haben wir uns einfach zusammengesetzt und Musik gemacht", erzählt Martin Baumgartner.

Nun, mit 56 Jahren, wird er in Endingen den Taktstock niederlegen. "Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist", sagt er. Natürlich komme ab und an die Frage, ob es nicht doch besser wäre weiterzumachen ... wie beispielsweise nach dem erfolgreichen Kirchenkonzert am zweiten Advent. Doch sein Entschluss stehe fest, sagt Baumgartner. Er werde nirgendwo anders unter Vertrag gehen, wie viele gemutmaßt haben. Er freue sich einfach, dann mehr Zeit zu haben, neue musikalische Pfade zu erforschen, vielleicht selbst wieder Musik zu machen – Langeweile fürchtet er nicht. Auch, dass dann ein gewisser Druck weichen werde, freue ihn, denn Martin Baumgartner hat nicht nur hohe Ansprüche an die Musiker, sondern auch an sich selber. Wenn er beim begeisterten Schlussapplaus nach dem Jahreskonzert von der Bühne gegangen sei, habe er sich immer gefragt: Was mache ich nächstes Jahr?

Am 8. Dezember 2018 wird Martin Baumgartner beim Jahreskonzert verabschiedet. Zeit genug für die Suche nach einem geeigneten Nachfolger. Ob es den gibt? Vermutlich. Nur vorstellen kann sich das momentan niemand so richtig

 

Artikel von Ruth Seitz aus der Badischen Zeitung vom 03. Januar 2018

 

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